Don't walk behind me; I may not lead. Don't walk in front of me; I may not follow. Just walk beside me and be my friend. (A. Camus)
Schafe sind in der tiergestützten Arbeit und Therapie eher selten anzutreffen und wenn überhaupt, dann eher in einer "Nebenrolle" zum Beobachten oder auch um Vergleiche anzustellen. Selten ist das Schaf Hauptakteur, dabei hätte es doch so viel zu sagen...
Schafe sind vorsichtige, verhaltene Tiere, die sehr feine Antennen für ihr Gegenüber besitzen. Als klassische Fluchttiere ist es für sie überlebensnotwendig ein Gespür für die Anspannung und Absichten anderer zu haben. Das macht sie zu extrem wertvollen Assistenten bei tiergestützten Interventionen.
Die naturnahen Settings auf Wiesen und Weiden, der Duft der Wolle, das Empfinden der Wärme des Vlieses sind nur einige sensorische Aspekte, die unsere Schafe erfahrbar machen. Schafe mögen keine Hektik, keinen Druck, keinen Stress. Sie kommen nicht wenn sie gerufen werden sondern dann wenn ihr Gegenüber los gelassen hat. Vom Wollen, von der Anspannung, von der Absicht. Sie suchen unsere Nähe wenn wir ausatmen und einfach sind und uns dem Moment schenken.
Zu sehen und erleben wie jemand der nie zur Ruhe kommt, mitten unter den Schafen einschläft und völlig entspannt auf der Wiese liegt, wie Kinder deren Krankheitsbild schwere Schlafstörungen beinhaltet, endlich schlafen können, während die Tiere neben ihnen grasen.
Autistische Kinder und Erwachsene, die lernen Nähe auszuhalten und über das Erleben Teil der Herde zu sein,
beginnen die Nähe der menschliche Gruppe zu suchen.
Wenn über die Brücke Tier, eine Brücke zu den Menschen geschlagen wird.
Zu erleben wie Menschen denen es schwer fällt einen Satz zu lesen, mit tierischer Unterstützung nicht mehr genug vom Lesen bekommen können.
Kinder, die gemeinsam mit dem kranken oder behinderten Geschwisterkind schöne verbindende Momente bei den Schafen erleben dürfen.
Und Menschen, die mit Schmerzen kommen, diese im Beisammen sein mit den Schafen völlig vergessen und schmerzbefreit wieder gehen-
das sind jene Augenblicke, in denen uns immer wieder von Neuem bewusst wird was die Nähe und der Kontakt zu unseren Tieren zu bewirken vermag.
Es gibt einige Erklärungsansätze, die die positive Wirkung von Tieren auf uns Menschen erklären. Der bedeutendste im Zusammenhang mit Weidetieren ist wohl die Tatsache, dass in sich ruhende und rastende Tiere Gefahrlosigkeit und Sicherheit vermitteln. Solange eine Herde ruht und entspannt, droht auch uns keine Gefahr. Dieses archaische Wissen ist in uns Menschen tief verankert. Wenn wir Tieren liebevoll zugeneigt sind, diese streicheln, berühren, mit ihnen spielen oder auch einfach nur beobachten, hat dies eine Aktivierung unseres Oxytocins zu Folge. Oxytocin wird umgangssprachlich als Kuschelhormon bezeichnet und ist wichtig, um eine innere (Ver)Bindung herzustellen. Interessanterweise geschieht Oxytocin Ausschüttung auf beiden Seiten, auch das Tier genießt Zuwendung und entspannt sich, vorausgesetzt der Kontakt ist für beide Seiten freiwillig und gewollt. Ein weiterer Aspekt ist das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das Gefühl Teil der Herde zu sein, kann sehr beglückend sein.
Mittlerweile gehören Schafe zu den Exoten unter den Therapietieren. Man kennt sie bestenfalls vom Urlaub auf dem Bauernhof oder auch aus dem Streichelzoo. Die wenigsten Menschen erkennen und kennen ihr Ausdrucksverhalten und ihre Körpersprache. Begegnen wir einem Lebewesen welches uns nicht vertraut ist, reagieren wir mit gesteigerter Aufmerksamkeit. Diese Begegnungen sind hoch emotional. Lernen und Emotionen gehen Hand in Hand. Es sind Momente die sich tief in unsere Erinnerung einprägen und in unserem emotionalen Gedächtnis gespeichert werden. Menschen werden dadurch besonders aufnahme- und lernfähig. Zudem macht der Kontakt mit den Tieren Spaß, fördert die Bewegungsfreude und motiviert zu Dingen die im Alltag oft schwer fallen.